Zwei Jahre Datenspende im Blick: Der Vitaldaten-Explorer

Liebe Datenspender:innen,

Vor etwa einem Jahr konnten wir gemeinsam mit euch die erste Jahresbilanz der gespendeten Vitaldaten ziehen. Heute geben uns mittlerweile rund 470 Millionen gespendete Datenpunkte zu Puls, Schritten und Schlaf einen einzigartigen Einblick in die Entwicklung von Vitalwerten unter Pandemiebedingungen.

Um euch einen Eindruck von unserem Arbeitsalltag in der Datenanalyse und dem Umfang des Projekts zu verschaffen, reisen wir in diesem Beitrag durch Herausforderungen von zwei Jahren Datenspende und stellen euch ein neues Tool vor, mit dem ihr die Daten selbst erkunden könnt.

Was wir das letzte Mal zeigen konnten

Im Mai 2021 lagen zum ersten Mal Messdaten aus 2020 und 2021 für den gleichen Monat vor. Für unsere Analysen war das ein großer Meilenstein: Wir konnten untersuchen, welche Erkenntnisse sich aus diesem Jahresvergleich ziehen lassen. In diesem Blogpost haben wir gezeigt, welche Interpretationen die Daten zulassen. So könnte die Gewichtszunahme vieler Menschen während der Pandemie beispielweise eine Erklärung für die beobachtete Erhöhung des Ruhepuls im Jahresverlauf sein. Auch das Wetter kann einen nicht unerheblichen Einfluss auf Ruhepuls und Aktivitätsmuster haben. Eines ist in vielen unserer bisherigen Analysen klar geworden: Eure gespendeten Daten lassen sich nicht ohne weiteres isoliert betrachten, sondern müssen immer im Zusammenhang mit den äußeren Umständen analysiert werden.

Was ist jetzt möglich?

Vor einem Jahr war unser Spielraum für Analysen noch verhältnismäßig begrenzt. Zum damaligen Zeitpunkt konnten wir nur den Monat Mai jahresübergreifend vergleichen, der schon seit Beginn der COVID-19-Pandemie tendenziell mit sinkenden Fallzahlen zum Ende der Winterwellen zusammenhängt. Für Zeiträume, in denen das Infektionsgeschehen deutlicher ausgeprägter war, fehlten uns diese 2-Jahres-Vergleichswerte. Mit unserem aktuellen Datensatz ist das dank eurer Spenden nun möglich. Zudem können wir beispielsweise jahreszeitbedingte Einflüsse (z.B. niedrige Temperaturen und längere Nächte im Winter) über zwei Jahre vergleichen. Aber: Es gibt noch deutlich mehr mögliche Einflüsse und Signale, die sich in unseren Daten finden lassen - und wir wollen euch die Möglichkeit geben, selbst einen Blick darauf zu werfen.

Zwei Jahre auf einen Blick

Das Datenspende-Projekt bildet eine enorme Bandbreite verschiedener Ereignisse ab, zum Beispiel Neujahrsfeste, Schulferien, sportliche Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele, aber auch COVID-19 bezogene Mobilitätseinschränkungen oder die jüngste Sommerhitzewelle. All diese Ereignisse spiegeln sich in unseren Aufzeichnungen wider: So wirken sich beispielsweise Hitzewellen auf die Herzfrequenz aus, Neujahrsfeiern verändern das Schlafverhalten und die Wintermonate verringern die Schrittzahl unserer Datenspender:innen. Diese Signale sind selbst dann noch sichtbar, wenn sie regional und zeitlich grob zusammengefasst werden.

Unser Analyseteam beschäftigt sich Tag für Tag mit neuen Aspekten unserer Aufzeichnungen und diesen Prozess wollen wir für euch nun etwas greifbarer machen. Über die letzten Wochen haben wir dafür ein Tool entwickelt, das die gespendeten Vitaldaten in aggregierter Form geografisch und auf einer Zeitachse visualisiert. Die Daten sind über sieben Tage gemittelt und werden mindestens auf Landkreisebene zusammengefasst. So stellen wir sicher, dass Rückschlüsse auf die konkreten Verläufe von einzelnen Datenspender:innen nicht möglich sind. Die erste Version des Datenspende-Explorers wollen wir euch heute zeigen. Das Tool ist aktuell noch nicht für Mobilgeräte optimiert und wird fortlaufend weiterentwickelt. Falls die Visualisierung nicht sofort lädt, wählt einfach einen der Datensätze aus oder drückt den Play-Button.

Wie funktioniert’s?

Unser Datenspende-Explorer bildet die regional aggregierten und über 7 Tage gemittelten Vitaldaten im Zeitverlauf und geografisch ab. Die zentralen Funktionen haben wir im Folgenden noch einmal für euch zusammengefasst:

  • Auf der linken Seite seht ihr über dem Zeitverlauf zwei Eingabefelder. In der ersten Zeile wählt ihr den Datensatz aus, der euch interessiert – also entweder Herzfrequenz, Schrittzahl oder Schlafdauer.
  • In der Zeile darunter könnt ihr die Regionen auf Landkreisebene eingeben, die ihr untersuchen wollt (oder ihr klickt sie einfach auf der Karte an). So könnt ihr beispielsweise euren Landkreis mit dem bundesweiten Durchschnitt vergleichen.
  • Mit einem Klick auf den Play-Knopf links neben dem Zeitstrahl aktiviert ihr den automatischen Zeitverlauf. So seht ihr, wie sich die Werte über die Zeit entwickeln.
  • Unter dem Zeitstrahl findet ihr eine kleine Ansicht des gesamten Zeitverlaufs. An den Enden befinden sich verschiebbare Balken. Mit diesen könnt ihr einen bestimmten Zeitraum heranzoomen, der euch interessiert – also zum Beispiel nur den Juli 2021.
  • Die Karte ist interaktiv. Das Bewegen des Mauszeigers auf einen Landkreis oder ein Bundesland zeigt euch den 7-Tages-Durchschnittswert vor Ort an. Über Scrollen mit dem Mausrad könnt ihr an einen Ort heranzoomen. Am Handy funktioniert das über den Zwei-Finger-Zoom.
  • Zu guter Letzt: Unterhalb der Karte findet ihr eine Legende, die die Farbverteilung auf der Karte erklärt. Dort könnt ihr auch auswählen, ob ihr Landkreise oder Bundesländer anzeigen wollt.

Was können wir untersuchen?

Grundsätzlich alles. Wir zeigen euch am Beispiel von Weihnachten 2021, was sich in unseren Daten finden lässt. In der Zeit vom 24.12.2021 bis zum 31.12.2021 steigt der durchschnittliche Ruhepuls fast um einen ganzen Schlag pro Minute an. Das mag sich nicht nach viel anhören, auf Bevölkerungsebene ist das jedoch ein sehr deutliches Signal. Der Anstieg kann beispielsweise durch den Feiertagsstress erklärt werden, oder durch eine mögliche Zunahme des Alkoholkonsums, der die Herzfrequenz systematisch erhöht. In der gleichen Zeit schlafen wir im Schnitt weniger und machen weniger tägliche Schritte als sonst. Erst nach den Feiertagen normalisieren sich die beobachteten Werte wieder auf ein normales Level.

Wie geht’s weiter?

Vor drei Monaten haben wir den Fokus unserer Forschung erweitert. Gemeinsam mit verschiedenen Forschungsgruppen zum Themenfeld Long-COVID beschäftigt uns die Frage: Welche langfristigen Auswirkungen hat COVID-19 auf unserem Körper, wenn die akute Phase der Virusinfektion vorbei ist? Mit euren Daten können wir uns diesen Fragen für die Bereiche körperliche Aktivität, Schlaf, mentale Gesundheit und Lebensqualität nähern. In einem der nächsten Blogposts zeigen wir euch, wie wir das tun - und wie sich der Alltag von Menschen mit chronischen Beschwerden im Nachgang einer COVID-Infektion verändert.

Olivia Jack
Olivia Jack
Researcher, Visual Artist
Robert W. Bruckmann
Robert W. Bruckmann
Master Student

Intrigued by human (health) behavior.

Hannes Schenk
Developer Thryve
Dirk Brockmann
Dirk Brockmann
Professor

Head of Research on Complex Systems Group