Ergänzende Nowcasts auf Basis der Fieberkurve

Liebe Datenspender:innen,

Im Lauf der letzten Monate hat unser Fiebermonitor stets zwei verschiedene Signale verglichen: Die positiven Fieberdetektionen auf Basis der gespendeten Daten und die wöchentliche Inzidenz von COVID-19. Beide Signale haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, wenn es darum geht, aktuelle Trends der Pandemie zu überwachen:

  1. Die Inzidenzkurve ist eine Standardgröße in der Beschreibung der Pandemie. Sie ist aber aufgrund von Verzögerungen bei der Meldung von Fallzahlen erst ab einigen Tagen in der Vergangenheit wirklich zuverlässig.
  2. Unsere Fieberkurve kann stattdessen eine Echtzeitüberwachung (ohne Meldeverzögerungen) der aktuellen physiologischen und physischen Belastungen unserer Spender:innen bieten. Sie erfasst dafür aber auch andere Signale, die nicht unbedingt mit COVID-19 zusammenhängen, wie etwa akute Atemwegsinfekte, einschließlich grippeähnlicher Erkrankungen, oder sogar Veränderungen der Wetterbedingungen.

Ein Nowcast auf Basis der Fieberkurve

Heute untersuchen wir, wie die Vorteile beider Informationsquellen für eine Überwachung des aktuellen Stands der Pandemie genutzt werden können. Konkret erfassen wir den Verlauf der Pandemie anhand der Fieberdetektionen und der (bereits verlässlichen) Inzidenzen jeweils aus der Vorwoche. Die Kombination dieser historischen Information mit der aktuellen Erkennungsrate von Fieber kann es uns ermöglichen einen sogenannten Nowcast der COVID-19 Inzidenzen zu erstellen.

Unten seht Ihr einen ersten Vergleich unseres vorgeschlagenen Überwachungssystems mit später bestätigten Inzidenzen. Zu Testzwecken haben wir uns hierbei zunächst auf alle bis Ende Juli verfügbaren Daten beschränkt. Der graue Punkt zeigt unseren Nowcast für die letzte Juliwoche, für die zum Zeitpunkt des Tests unseres Systems noch keine verlässlichen Inzidenzzahlen vorlagen.

Wöchentlicher Nowcast auf Grundlage der Fieberkurve und Vergleich mit den offiziell gemeldeten durchschnittlichen COVID-19 Inzidenzen pro Woche.

Ihr seht, dass unser (noch) vergleichsweise einfaches Überwachungssystem im Rückblick recht gut mit den gemeldeten Fallzahlen übereinstimmt. Es erkennt sogar Beginn und Wendepunkte der zweiten und dritten Welle ziemlich genau!

Einzigartige Vorteile

Auch wenn die Zahlen nicht exakt übereinstimmen, hat unser neuer Ansatz einige Vorteile, die ihn zu einer vielversprechenden Ergänzung der bestehenden Nowcasting-Methoden machen:

  1. Dank der Aussagekraft der gespendete Vitaldaten benötigen wir nur drei einzelne Kennzahlen (Fieberdetektionen und Inzidenzen der Vorwoche, sowie die aktuellen Fieberdetektionen), um eine Schätzung der aktuellen Inzidenzen vorzunehmen. Daher könnte unsere Methodik in Zukunft bereits zu Beginn einer Pandemie eingesetzt werden.
  2. Das System ist automatisiert und kann zukünftig in Echtzeit arbeiten. Es liefert dann fortlaufend Aktualisierungen sobald neue Informationen durch unsere Spender:innen verfügbar werden. Daher kommt es also zu keinen Verzögerungen bei der Berichterstattung.
  3. Es passt sich an den aktuellen Stand der Pandemie an und schätzt, wie viele COVID-19 Fälle wir mit jeder Fieberdetektion erwarten wenn wir uns in einer Phase mit geringer oder hoher Inzidenz befinden.

Ausblick

Wir werden unser auf Fieberdetektionen basiertes Nowcasting-System weiter auswerten und verbessern, so dass es dank eurer Hilfe eine weitere datengestützte Methodik zur Bewertung der aktuellen Trends in der Pandemie bieten kann. Zu diesem Zweck werden wir als nächstes unsere Systeme aktualisieren, damit eure gespendeten Daten schnellstmöglich verarbeitet werden können sobald sie uns zur Verfügung stehen. Wir haben die Ergebnisse der neuen Nowcastmethode bereits in unseren Fiebermonitor aufgenommen, um euch einen besseren Eindruck davon zu vermitteln, wie eure Daten verwendet werden, um das Verständnis der aktuellen Pandemie kontinuierlich zu verbessern.

Marc Wiedermann
Marc Wiedermann
PostDoc / Data Scientist

Researcher and Data Scientist with strong interests in time series and network analysis, predictive models and low-dimensional dynamical systems for the spread of human behavior.

Dirk Brockmann
Dirk Brockmann
Professor

Head of Research on Complex Systems Group